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“Limbo” von Margareta Garpe

Wer den Titel dieses Theaterstücks liest, denkt sicherlich zunächst an den karibischen Tanz, bei dem die Tänzer unter einer immer tiefer gehaltenen Stange hindurchtanzen müssen. Aber das Sujet des Stücks ist doch ein ganz anderes: es handelt sich um ein Problem der modernen Gesellschaften, nämlich das Problem der Sucht, seien es nun Drogen oder Alkohol oder weiteres. Wir sind in einer einsamen Suchtklinik auf einer schwedischen Insel, und zwar in einer reinen Frauengruppe. Die Gruppe wird geleitet von Betty, selbst ehemals drogensüchtig, aber nun Therapeutin mit hohen Ansprüchen. Bill, der einzige Mann ist Geschäftsführer, Krankenpfleger und Mädchen für alles. Wir begleiten die Gruppe an fünf Tagen vor Ostern und erleben die Sehnsüchte, Probleme und  Eifersüchteleien unter den Frauen, was zu mitunter recht heftigen Situationen führt. Aber was hat das mit Limbo zu tun? Nun, als ich vor vielen Jahren das erste Mal im Fernsehen einen Limbotanz sah, wurde dabei erklärt, dass an bestimmten Festen der Sklave, der siegreich am tiefsten unter der Stange hindurch tanzen konnte, freigelassen wurde. Ich habe diese Erklärung nie wieder bestätigt gefunden, aber sie passt wunderbar auf die Lage von Süchtigen, nämlich dass man erst ganz tief runter muss um befreit zu werden.

Aber es gibt noch einen anderen Bezug: Im Mittelalter diskutierte die Kirche darüber, dass es zu streng sei, wenn ungetaufte Kinder die Hölle in vollem Umfang erleiden müssten. Auch Menschen, die ein gottgefälliges Leben geführt haben, aber vor Christus gelebt hatten und natürlich ebenfalls ohne Taufe waren sollten keine Höllenqualen erleiden müssen, und so schuf man eine Art Vorhölle oder den „äußeren Kreis der Hölle“ (Limbus heißt lateinisch Rand, Saum, Umgrenzung), wo diese Menschen hin verbracht werden sollten. Der italienische Dichter Dante Alighieri beschreibt dies im „Inferno“ seiner „Göttlichen Komödie“, wo er vom römischen Dichter Vergil zum „Limbo“ (die italienische Form von Limbus) geführt wird. Papst Bendikt XVI hat übrigens den Limbus abgewertet, indem er nicht mehr zur Glaubenslehre der katholischen Kirche gehört, allerdings eine mögliche theologische Meinung bliebe.

Damit ist die Situation von Suchtkranken auf Entzug wohl ausreichend beschrieben, wobei nicht verschwiegen wird, dass es sich bei der Sucht nicht nur um persönliche Probleme handelt, sondern dass dabei auch die Beziehungen zu Partner, Familie und Freunden tief getroffen werden. Limbo ist also ein Stück, das unter die Haut geht, dessen Inhalt aber in modernen Gesellschaften nicht ignoriert werden darf.

Die Autorin Margareta Garpe wurde in Stockholm geboren, wo sie heute noch lebt. Sie zählt zu den wichtigsten schwedischen Theaterautorinnen und Regisseurinnen. Im Zentrum ihrer Theaterstücke stehen Frauen und ihre Position in Beziehungen, Familie und Gesellschaft, also Themen, die, wie das vorliegende Stück, von gesellschaftlicher Bedeutung sind.